Cool bleiben: Thermofluide in E-mobilität und Rechnerzentren
Ladezeiten von nur zehn Minuten? Für E-Fahrzeuge bald kein Problem mehr. Möglich macht es die Immersionskühlung, bei der technische Bauteile vollständig in Thermofluiden von FUCHS baden. Mit dem Verfahren lässt sich auch die Wärmeentwicklung in Rechenzentren steuern.
Schmierstoffe sorgen nicht nur für reibungslose Abläufe - sie können auch kühlen. Diese Eigenschaften nutzt FUCHS PETROLUB, um seine Produkte auf neuen Geschäftsfeldern zukunftsfähig zu machen. Neuartige Fluide sollen die Temperatur im Antrieb von E-Autos regeln und in großen Rechenzentren zum Einsatz kommen. Dabei wendet das Unternehmen ein neues Verfahren an, bei dem komplette Baugruppen in kühlenden Flüssigkeiten baden.
Dicke Öle, gleitende Fette und in der Nase ein herber Duft von Chemikalien - das stellen sich viele Menschen vor, wenn sie an Hersteller von Schmierstoffen denken. Bei FUCHS zumindest stimmt dieses Bild nicht mehr. Denn das Unternehmen antwortet seit Jahren auf die Megatrends Nachhaltigkeit und Digitalisierung mit innovativen Produkten. In modernen Laboren entwickeln Fachleute Kühl- und Schmiermittel, die zukunftsweisend für die gesamte Branche sind.
Ein Schwerpunkt ist die Elektromobilität. Motor, Leistungselektronik und Hochvolt-Batterie werden beim E-Auto sehr heiß. Befindet sich das Wärmemanagement nicht im Gleichgewicht, kann ein strombetriebenes Fahrzeug sogar Feuer fangen. „Eine wirksame Kühlung ist deshalb von herausragender Bedeutung“, sagt Thomas Kraft, Business Development Manager E-Mobility.
Sein Team hat eine Entwicklungsoffensive gestartet, um die komplexen Wärmeströme im E-Auto noch besser zu steuern. Dafür vollzieht das Unternehmen einen Brückenschlag zwischen der alten und der neuen Automobilwelt. Denn auch in herkömmlichen Fahrzeugen sollen Öle seit jeher nicht nur schmieren, sondern auch kühlen. Die Erfahrungen lassen sich für die E-Mobilität nutzen.
Die Batterien – leistungsstark und doch hochempfindlich
In E-Autos sind die teuren, aus mehreren Zellen bestehenden Batterien besonders empfindlich. „Sie müssen möglichst immer eine Betriebstemperatur zwischen 20 und 40 Grad haben“, sagt Kraft. Dann ist ihre Lebensdauer am höchsten und die Reichweite am längsten.
Für das Thermomanagement ist es eine komplexe Aufgabe, diese Spanne einzuhalten. Vor allem, wenn ein elektrisches Auto an der Schnellladesäule hängt. Bis zu 350 Kilowatt jagen dort durch die Kabel. Und das ist nicht das Ende. „Ladeleistungen von 1.000 Kilowatt sind für elektrische Lastwagen bereits geplant“, sagt Kraft. Die extrem hohe Leistung dient dazu, die Ladezeiten weiter zu verkürzen – womöglich schon bald auf nur zehn Minuten. Doch das schnelle Laden erzeugt starke Hitze. Herkömmliche Kühlverfahren dürften überfordert sein.
Feuerprobe im Labor
Aus diesem Grund setzt FUCHS bei elektrischen Fahrzeugen auf das neue Verfahren der Immersionskühlung. Dort gibt es keine Kühlleitungen mehr, stattdessen baden komplette elektronische Baugruppen in einer speziellen Flüssigkeit, einem Thermofluid. Dadurch verteilt sich die Temperatur gleichmäßiger, was das Verfahren wirksamer und günstiger macht.
Die verwendeten Thermofluide müssen jedoch strenge Anforderungen erfüllen: Sie sollen das Material nicht angreifen und schwer brennbar sein. In einigen Supersportwagen sind bereits Immersionskühlungen im Einsatz. Die Hersteller verwenden dafür fluorierte Kühlmittel, die kritisch im Handling, in der Produktion, bei der Entsorgung und beim Austritt in die Umwelt sind. Gelangen sie ins Freie, können sie über Niederschläge Gewässer erheblich belasten.
FUCHS arbeitet deshalb an Alternativen. „Wir setzen traditionelle Öle ein, die aus Kohlewasserstoffketten bestehen und umweltfreundlich zu entsorgen sind“, sagt Kraft. In abgesicherten Laboren erforschen die Fachleute des Konzerns, welche Eigenschaften diese Thermofluide erfüllen müssen. Eine vertrackte Arbeit. So sind kurzkettige Kohlenwasserstoffe niedrigviskoser und lassen sich effizienter durch das Kühlsystem pumpen. Dafür sind sie dann aber leichter entflammbar.
Zwischen diesen Eigenschaften müssen die Entwickler eine möglichst gute Balance finden. Sie testen dafür neue Produkte unter realen Bedingungen und untersuchen, wie die von unterschiedlichen Fluiden umspülten Batteriepacks im Feuer reagieren. „Neben der einwandfreien Funktion steht die Sicherheit des Produkts für uns an erster Stelle“, betont Kraft. Und natürlich müssen sich auch die Kosten im Rahmen halten.
Mehr als heisse Luft
Die Entwicklungsarbeit ist nicht auf die Elektromobilität beschränkt. Die Immersionskühlung lässt sich genauso auf anderen Feldern anwenden. Zum Beispiel in Rechenzentren - deren Zahl weltweit wächst.
Milliarden Daten fließen pausenlos über Netzknoten hinweg oder lagern in der Cloud. Das erfordert nicht nur Rechenleistung, sondern erzeugt auch Wärme, was den Energieverbrauch nach oben treibt. Nach einer aktuellen Untersuchung des Borderstep Instituts für Innovation und Nachhaltigkeit hat der Strombedarf von Servern und Rechenzentren in Deutschland allein 2020 um sieben Prozent auf 16 Milliarden Kilowattstunden zugelegt. Tendenz weiter steigend.
Bislang blasen mächtige Ventilatoren Luft in die immer leistungsfähigeren Server und Router der Datenzentren. Schon bald wird das nicht mehr reichen. Die Branche sucht deshalb neue Wege, um den Wärmehaushalt zu regeln. „Die Immersionskühlung kann ein wichtiger Teil der Lösung sein“, sagt David Baier, Head of Global Product Management Industrials Oils.
Eng vernetzt
Deshalb spricht er mit Betreibern und Ausrüstern von Rechenzentren sowie mit Hardwareherstellern. Denn Kühlmittel und technische Komponenten müssen zueinander passen. „Die Fluide dürfen auf keinen Fall leitfähig sein“, sagt Baier. Sie sollen nicht die Elektronik beschädigen und müssen sich gut verteilen. Nur wenn diese Vorraussetzungen erfüllt sind, können ganze Server im Öl baden.
Vorreiter für die Immersionskühlung in der Datentechnik ist die polnische Landesgesellschaft von FUCHS. Gemeinsam mit einem Pionierkunden und Experten einer deutschen FUCHS Landesgesellschaft hat sie bereits ein Kühlmittel für Geräte zum Kryptomining, also dem Schöpfen von virtuellem Geld wie Bitcoins, entwickelt. Das aufwendige Verfahren verbraucht extrem viel Strom. „Dank der Immersionskühlung lässt sich der Energieverbrauch deutlich senken“, sagt Bogdan Mista, Produkt Manager von FUCHS in Polen. Das Pilotprojekt brachte unerwartete Hinweise. So stellte sich heraus, dass der Kunde großen Wert auf einen neutralen Geruch des Thermofluides legte, was in anderen Branchen eher zweitrangig ist.
Noch steckte die Immersionskühlung für Datenzentren und Serverfarmen in den Kinderschuhen. Doch die Entwicklung geht weiter. In Zukunft könnte die dort erzeugte Wärme auch zur Heizung von Räumen oder Wasser verwendet werden. Das richtige Kühlmittel spielt dabei eine wesentliche Rolle. Die Fachleute von FUCHS PETROLUB haben die Idee bereits aufgegriffen.