Zusammen für die wichtigste Branche der Welt

09.09.2024

Zusammen für die wichtigste Branche der Welt

Halbleiter sind die Grundbausteine unseres modernen Lebens, kein elektronisches Gerät kommt ohne sie aus. Die Nachfrage ist riesig – und wird weiter wachsen. Jens Tempel von FUCHS und Bernd Dötterl von DMG MORI sprechen darüber, wie ihre Unternehmen gemeinsam den Markt für diesen wichtigsten Rohstoff des 21. Jahrhunderts mitgestalten wollen.

Kühlschmiermittel spielen für jede Werkzeugmaschine eine überaus wichtige Rolle: Ein Werkzeug fräst sich durch Material, der Schmierstoff kühlt und schmiert beides, sorgt für eine längere Standzeit des Werkzeugs und eine bessere Oberflächenqualität des Werkstücks. „Wenn sich Kühlschmierstoff zwischen den Komponenten bewegt, wird er auch in die Oberfläche des Werkstücks eingearbeitet“, erklärt Bernd Dötterl. „In den meisten Branchen spielt das keine Rolle und wird vernachlässigt.“

Dötterls Kunden können Fremdpartikel nicht vernachlässigen. Er ist Verkaufsleiter für Maschinen für die Halbleiterindustrie bei DMG MORI. In der Halbleiterindustrie – auf Englisch Semiconductor industry – wird sehr genau geprüft, wie viele fremde Partikel während der Bearbeitung in die Oberfläche mit eingerieben werden. „Die Bauteile, die unsere Maschinen produzieren, werden später unter Vakuum eingesetzt. Dieses Vakuum ist so stark, dass es Fremdpartikel wieder lösen kann“, erklärt Dötterl. „Diese Partikel schweben dann im Vakuum frei durch die Luft.“

Ein unbeschriebenes Blatt

Für Kunden im Bereich EUV-Lithografie, die mit Licht und Spiegeln in ihren Vakuumkammern nanometerkleine Strukturen auf Siliziumscheiben projizieren, sind solche Fremdpartikel höchst unerwünscht, da sie das Belichtungsbild auf den späteren Halbleitern verfälschen. „Mir war früh klar, dass der Kühlschmierstoff eine essenzielle Rolle spielt, wenn es um die Fertigung von Halbleitern geht“, so Dötterl. Sein Kollege Michael Ziegler stellte den Kontakt zu einem Spezialisten für Lubricants her: FUCHS, mit dem DMG MORI schon eine langjährige technische Partnerschaft verband.

„Mir war früh klar, dass der Kühlschmierstoff eine essenzielle Rolle bei der Fertigung von Halbleitern spielt.“

Bernd Dötterl, Sales Director Semiconductor Industry bei DMG MORI

Die Kooperation der beiden Unternehmen begann schon 2014 mit Projekten in China. 2017 haben FUCHS und DMG MORI dann eine Technologiepartnerschaft in Europa erweitert, seit 2018 stellt FUCHS maßgeschneiderte Schmierstoffe für DMG MORI her. 2021 lernte Dötterl dann Jens Tempel kennen, den Global Key Account Manager für DMG MORI bei FUCHS. „Wir haben bei den Kühlschmiermitteln auf einem weißen Blatt Papier angefangen“, erinnert sich Tempel. „Mittlerweile haben wir drei Lösungen entwickelt. Mit denen behandeln wir auch ein großes Alleinstellungsmerkmal von DMG MORI, die technische Glasbearbeitung mit der ULTRASONIC-Baureihe.“

Chip-Hersteller sollen DMG MORI und FUCHS in einem Satz denken: Gemeinsam wollen Jens Tempel (l.) und Bernd Dötterl ihre Unternehmen als Premiumpartner für exklusive Halbleiterkunden und -komponenten positionieren.

Es geht um Nanometer

Eine der Herausforderungen in der Halbleiterindustrie ist die Genauigkeit: Im Gegensatz zu anderen Branchen geht es um Nanometer. Bei Verunreinigungen denkt man hier nicht an Staubkörner – die wären im Maßstab riesig – sondern an Atome. „Das Thema Reinheit zieht sich für die Chip-Hersteller durch die ganze Prozesskette bis hin zu den Maschinen und deren Einzelteilen aus Aluminium, Edelstahl oder Titan“, weiß Dötterl. „Bei der Herstellung dieser Teile arbeiten Kühlschmierstoff und Werkzeugmaschine Hand in Hand.“ Wenn es um Reinheit gehe, könne man den Kühlschmierstoff aggressiver, also ätzender, machen. „Das kann aber zur Korrosion an der Werkzeugmaschine führen“, so Dötterl. Deswegen gehe es darum, die Balance zu finden zwischen Reinheit am Werkstück und Korrosionsschutz.

„Wenn sich unsere Kunden auf dem Weltmarkt nach einem Kühlschmierstoff umsehen, besteht das Risiko, dass er nicht zielführend funktioniert. Im schlimmsten Fall korrodiert die Maschine, dann können Gewährleistungsforderungen auf uns zu kommen“, erklärt Dötterl. Gemeinsam mit Tempel macht er deswegen dafür Werbung, dass Kunden den Kühlschmierstoff von FUCHS mit der Maschine von DMG MORI nutzen, um ein optimales Ergebnis zu erreichen. „Dann können wir auch gewährleisten, dass es nicht zu Beschädigungen kommt oder sich die Lebenszeit der Maschine verkürzt“, erklärt Dötterl. Tempel ergänzt: „Wir wollen Kunden den Mehrwert unserer Zusammenarbeit vermitteln. Wir stellen immer ein Paket vor: Die Maschine von DMG MORI mit einem speziellen Halbleiter-Setup, kombiniert mit unseren Schmierstoffen. So kann der Kunde im Prinzip sofort anfangen zu produzieren.“

Verschiedene Reinheitsgrade

Bei den Kühlschmierstoffen gibt es verschiedene Reinheitsgrade. Zusammen mit DMG MORI hat FUCHS eine Anwendung für „GRADE 1“ entwickelt. „Das ist die Königsdisziplin“, so Tempel. Für Anwendungen von „GRADE 2“ bis „GRADE 5“ gebe es ein Ready-to-use- Produkt mit einer sehr hohen Leistung. Alle Produkte wurden im Technologiecenter von DMG MORI in Pfronten auf ihre Leistungsfähigkeit getestet, so dass Kunden sicher sein können, dass die Reinheit nicht auf Kosten von Leistung erreicht wird.

Neben Kühlschmierstoffen für die Maschinen von DMG MORI, die bei der Herstellung von Bauteilen für Maschinen für die Chip-Produktion zum Einsatz kommen, bietet FUCHS auch Schmierstoffe für den Betrieb von Vakuumanlagen und Reinräumen für die Chip-Produktion an. Diese Schmierstoffe zum Fetten von O-Ringen und zum Schmieren von Kugellagern oder Linearführungen stammen von Nye Lubricants, die seit 2020 zur FUCHS-Gruppe gehören. „So können wir das komplette Portfolio anbieten“, so Tempel. Dazu kämen noch Produkte für Reinigung und Korrosionsschutz. So könnten die Kunden aus der Halbleiterindustrie für ihre gesamte Prozesskette den passenden Schmierstoff aus dem Hause Fuchs bekommen – jeder davon gemeinsam entwickelt mit DMG MORI.

Vom Herausforderer zum Premiumpartner

Für den Kühlschmierstoff sind Dötterl und Tempel jetzt auf der Suche nach einem Partner, mit dem als Anwender sie die Kombination aus Maschine und Schmierstoff in der Produktion umsetzen können. Dann müsse man in den nächsten drei bis fünf Jahre beweisen, dass das System funktioniere. „Mein Ziel ist es, in der Zeit unser Vollpaket an den Start zu bringen und sicherzustellen, dass wir die Reinheit über mehrere Produktionsjahre der Maschine gewährleisten können“, so Dötterl. Im nächsten Schritt gehe es dann um die Reinigung und Konservierung der Maschine und im dritten Schritt darum, dass alle späteren Betriebsstoffe die Reinheitsanforderungen erfüllen.

Mittelfristig sei es das Ziel, dass der Kühlschmierstoff von FUCHS so populär wird und das Paket so gut funktioniert, dass Halbleiterfertiger DMG MORI und FUCHS in einem Satz denken. „Beide Unternehmen machen viel und setzen viele Hebel in Bewegung, damit wir die noch relativ junge Branche ausschöpfen und uns als Premiumpartner für Halbleiterkunden und -komponenten positionieren können“, so Dötterl. Tempel ergänzt: „Wir wollen den Platzhirschen im Bereich Kühlschmierstoffe Paroli bieten, uns am Markt etablieren und Kunden von den Mehrwerten überzeugen, die wir als Komplettanbieter im Bereich Halbleiter bieten können.“

„Wir wollen den Platzhirschen im Bereich Kühlschmierstoffe Paroli bieten und uns am Markt etablieren.“

Jens Tempel, Global Key Account Manager Equipment Manufacturer bei FUCHS

Die Partnerschaft passt

Bei dieser Mission treten FUCHS und DMG MORI weltweit gemeinsam mit dem Claim „FUCHS & DMG MORI ALL IN ONE – solutions for SEMICONDUCTOR applications“ auf. „Es ist schon ein großer Vorteil, dass beide Unternehmen eine gewisse Größe haben und global aufgestellt sind“, so Dötterl. „So können wir viele Niederlassungen inklusive Showrooms nutzen, um Kunden zu präsentieren, was unsere Maschinen können.“ Auch sonst sehen Dötterl und Tempel Gemeinsamkeiten zwischen FUCHS und DMG MORI: „Wir sind beide Vollsortimenter und haben eine führende Position in unserem Bereich“, so Tempel. „Und wir haben beide einen absoluten Fokus auf unsere Kunden.“

„Das Thema Halbleiter hat in den vergangenen fünf Jahren einen starken Schub bekommen, vor allem durch die zunehmende Digitalisierung während der Corona-Pandemie oder durch Trends wie autonomes Fahren und KI“, sagt Dötterl. „Wir wollen dieses Geschäftsfeld aktiv bearbeiten und marktspezifische Lösungen erkennen, entwickeln und bereitstellen.“ Die Branche sei relativ jung, die heutige Entwicklung habe vor 15 Jahren noch niemand auf dem Schirm gehabt. „Wir haben zwar Kunden aus der Halbleiterindustrie, die schon seit mehr als zehn Jahren Maschinen bei uns kaufen“, so Dötterl. „Aber es ist erst vor kurzem in die Köpfe der Menschen gewandert, dass da richtig Potenzial drinsteckt.“